Informatik und Ethik

Sommersemester 2012-2016, Hochschule Coburg

Ethik der Informatik – Ein Blockseminar an der HS Coburg

Technisch Handelnde besitzen eine große Verantwortung, gerade in Bezug auf die Lebenswelt des modernen Menschen. Dies gilt insbesondere für ausgebildete Informatiker. Das verbindliche Modul »Ethik« im Master-Studiengang »Informationstechnologie und Unternehmensanwendungen« der Hochschule Coburg betont diese Verantwortung und lenkt den Blick auf die soziale Wirksamkeit informationstechnischer Erzeugnisse.

Doch wie vermittelt man ein so komplexes Themengebiet wie Ethik? Angelehnt an Molière könnte man nach dem Studium der Grundlagenwerke zur Ethik aufspringen und sich freuen: „Meiner Treu, da handle ich schon mein ganzes Leben lang moralisch, ohne es zu wissen.“ Dem Bourgeois gentilhomme war der Begriff Prosa ebenso unbekannt wie vielen Schülern und Studenten heute ein Begriff von Ethik und den damit verbundenen moralphilosophischen Theorien eines Kants oder eines Aristoteles. Nichtsdestotrotz kann die Beurteilung einer Handlung in moralischer Hinsicht von jedem Menschen vorgenommen werden. Praktisch stellt sich allerdings das Problem, dass Fragen der Verantwortung und Moral innerhalb der Informatik zu wenig thematisiert werden.

Vorbereitung zum Blockseminar

Mit Hilfe von selbst erarbeiteten Fallbeispielen diskutierten sie über ethische Zwickmühlen, moralische Verpflichtungen und den verantwortungsbewussten Technikeinsatz. In der Vorbereitung erstellten die Seminarteilnehmer außer den Fallbeispielen zusätzlich Handouts mit verschiedenen Orientierungshilfen für die Diskussion. In den Handouts wurden beispielsweise Ethische Leitlinien der verschiedenen Berufsvereinigungen oder auch Faktensammlungen zu bestimmten Themen zusammengetragen. Was die rechtlichen Grundlagen betrifft: Für die Diskussion war natürlich wichtig zu wissen, ob etwas gesetzlich geregelt war, jedoch nicht der genaue Wortlaut des Gesetzestextes; das Seminar sollte ethisch-moralisches Argumentieren lernen und keine juristische Exegese betreiben.

Ablauf des Blockseminars

Die Fallbeispiele wurden thematisch (so gut es ging) geordnet und so ergaben sich für die drei Tage die drei Themenblöcke (in Klammern die Anzahl der diskutierten Fallbeispiele):

  • 1) Arbeit und Beruf (5)
  • 2) Privatheit (4)
  • 3) Staat und Politik (2)

Die Studierenden wurden in Gruppen aufgeteilt; in jeder Gruppe gab es eine Person, die die Diskussion leiten sollte und eine für die Recherche, die als einzige einen Computer verwenden durfte (falls Bedarf nach einer Internet-Recherche bestand). Die Diskussionsleiter:in stellte die diskutierten Fragen und erarbeiteten Einschätzungen im Plenum am Ende des Tages vor.

Im Plenum wurden die drei Fragen vorgestellt, die am besten dazu geeignet sind, das Fallbeispiel produktiv zu diskutieren. Ein Ziel des Seminars war es, die Fragen zu präzisieren oder gar neue zu stellen. Im Seminar wurden jedoch lediglich die vorgegebenen Fragen diskutiert und auf ihr Diskussionspotential abgeklopft. Wohlwollend könnte man sagen, dass die vorgegebenen Fragen eben einfach gut waren. Dies muss man von Fallbeispiel zu Fallbeispiel getrennt bewerten.

Die Teilnehmenden diskutierten in der Gruppe sehr engagiert, wenn auch nicht immer strukturiert. Die gestellten Fragen wurden in der Reihenfolge und beinahe paritätisch abgearbeitet, was zwar als effizient aber nicht immer dem Thema angemessen empfunden wurde. Die zur Diskussion bereitstehenden Handouts wurden nur am ersten Tag genutzt, gerade die vorgestellten Berufsethiken waren für den Themenbereich »Arbeit und Beruf« sehr hilfreich. Das Mittel der Internetrecherche wurde nur sehr sparsam eingesetzt, einzelne Gesetzesnormen wurden nicht nachgeschlagen. Die Recherche diente meist für rhetorische Argumente, auch sonst waren die Diskussionen geprägt von eigenen Meinungen und wenig Differenzierung – für ein Ethik-Seminar im Rahmen des Informatikstudiums ist dies durchaus vertretbar. Im Plenum versuchte der Seminarleiter dann die Argumente zu strukturieren und die Fallbeispiele zu kontextualisieren.

Fazit

Die Diskussion in Gruppen wurde positiv bewertet, wenn die Gruppengröße zwischen 5 und 7 liegt. Wenn die Gruppen zu klein werden, kommt es zu schnell zu einseitigen Betrachtungen. Das Seminar wurde insgesamt sehr positiv bewertet, bis auf die Samstagsarbeit und die Hitze. Anhand der Reaktion per E-Mail und dem Evaluationsbogen können jedoch zwei zentrale Verbesserungen in Zukunft angedacht werden:

  • Es sollten mindestens drei Sitzungen angesetzt werden: eine Einführung und zwei für Diskussionen. Die drei Tage »en bloc« waren wohl doch zu knapp geplant für den Themenumfang. Jedoch sei ein Blockseminar besser als wöchentliche Termine.
  • Der Praxis-Bezug solle deutlicher vorgestellt werden, in der Diskussion und besonders in der thematischen Einführung.

Siehe auch: https://gewissensbits.gi.de