Lehre an der Leuphana

Wintersemester 20232024, Leuphana Universität Lüneburg

Das Bild der Künstlichen Intelligenz

Von verkabelten Gehirnen über mechatronische Hände bis hin zu holographischen Avataren ist das Bild der Künstlichen Intelligenz (KI) in den verschiedenen Medien präsent. Dabei bedienen sich Medien alter Mythen und Vorstellungen von dem allwissenden oder allmächtigen Wesen. Der Prager Golem stand Pate für den Maschinen-Menschen der Stummfilmzeit, auch Vaucansons berühmter Flötenspieler-Automat war einem Faunus nachempfunden. In den Feuilletons von Wochenzeitungen werden aktuelle Entwicklungen der KI und Robotik regelmäßig in Form der Erschaffung Adams dargestellt, meist streckt der Roboter seinen linken Zeigefinger aus, um seinen (meist männlich gelesenen) Schöpfer zu erreichen, der kraftvoll und anmutig mit seinem rechten Zeigefinger den Lebensfunken übertragen möchte.

Im Modul werden wir das Bild von Technik im Allgemeinen und Künstlicher Intelligenz im Speziellen untersuchen. Wir werden Vergleiche zu den Darstellungen des Undarstellbaren in der Kunst ziehen und wie diese Darstellungen die gesellschaftlichen Vorstellungen über den Betrachtungsgegenstand beeinflussen können. Dabei geht es sowohl um die Ikonographie wie auch um das Medium der Darstellung.

Kompetenzen: Die Studierenden kennen die historischen und aktuellen Ästhetik-Theorien mit Fokus auf die Ikonographie. Sie kennen die technologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die zu bestimmten Darstellungsformen der Technik in Kunst und Kultur führen. Sie verbinden historischen, philosophisches und technisches Wissen und wenden dieses auf kontemporäre Darstellungen der so genannten Künstlichen Intelligenz an. Das Modul behandelt die besonderen ästhetischen Formungen digitaler Kulturen. Die Studierenden erwerben Grundkenntnisse der Geschichte und Gegenwart von Computerkunst und KI-Kunst und ordnen diese in den kulturellen Kontext ein.

KI, Maschinenethik und Nachhaltigkeit

Der Begriff »Künstliche Intelligenz« (»KI«) ist aus der Verlegenheit entstanden, einen Namen für ein Forschungsfeld rund um automatisierte Symboltransformation zu finden, der für Fördergelder geeignet ist. Der gegenwärtige Hype rund um generative KI zeigt, dass nicht nur die tatsächlichen Leistungen von Technik, sondern auch deren Zuschreibungen eine gesellschaftliche Wirkung besitzen. Über die Chancen und Grenzen von KI-Systemen ist schon viel geschrieben worden, wir wollen darüber im Modul nicht nur sprechen, sondern diese dialogische Herangehensweise in einem Digital-Storytelling-Format festhalten.

Wir werden uns mit (realen wie fiktiven) Fallbeispielen dem Themenkomplex KI, Ethik und Nachhaltigkeit nähern. Wir werden uns mit dem automatisierten Fahren ebenso beschäftigen wie mit dem Stromverbrauch von Rechenzentren, aber auch mit geschlechterbezogener Diskriminierung und Deep Fakes. Wir untersuchen die gesellschaftlichen Auswirkungen auf Gestalter*innen, Medienwissenschaftler*innen und Nutzer*innen von KI-Systemen.

Kompetenzen: Die Studierenden kennen das medienpädagogische Dagstuhl-Dreieck der Gesellschaft für Informatik. Sie lernen die Methode der Dialogischen Ethik kennen und können sie auf Beispiele anwenden. Die Studierenden kennen das KI-Ökosystem und gängige Literatur und können aktuelle Entwicklungen kritisch einordnen. Die Studierenden erwerben die Kompetenz zur inhaltlich präzisen und argumentativ geschärften wissenschaftlichen Diskussion und Präsentation in einem interaktiven Medium (Digital Storytelling).

Manufacturing Reality™. Generative AI, Media, and Truth.

Large language models (LLMs) of generative Artificial Intelligence systems (AI), pointedly called »stochastic parrots« or even »bullshit generators«, have a rather dubious reputation with regard to the circulation of true information. After initial euphoria due to the hope of finally having a tool that filters out meaningful signals from the noise of Big Data, it is now questionable whether so much noise could be generated at the end of the information digestion chain by means of AI that the signals to be identified are lost in it. This has consequences not only for science, philosophy, and media studies, which depend significantly on the truth, findability and accessibility of information, but also for our social coexistence.

In the module, we want to follow the epistemological path together of how data becomes information, which then becomes facts and finally knowledge through critical reflection. Finally, we take a look at the media for knowledge transfer. We look at the techniques behind the so-called mass media of the 20th century and work out the essential differences to the algorithmically generated news streams of the New Media. We get to know and classify the technical modes of operation of the hyper-individualised media.

Kompetenz: Die Studierenden kennen die historischen und technischen Grundlagen von Medien für die Wissensvermittlung. Sie können die Funktionsweise von generativen KI-Systemen wie ChatGPT nachvollziehen und diese Systeme anwenden. Die Studierenden kennen den Zusammenhang von Technik, Erkenntnis und Wahrheit. Sie können die Rolle der Medientechnik für die Mediendistribution einordnen.

Propaedeutic course: Civic Tech Communities

Das Propädeutikum soll Gelegenheit geben, Standards wissenschaftlichen Arbeitens kennenzulernen und zu beleuchten sowie in diesem Zusammenhang Fragen, die sich angehenden Akademiker*innen bezüglich Zitate, Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten stellen, zu diskutieren. Was bedeutet es, »auf den Schultern von Riesen zu stehen«? Zusätzlich zum Inhalt und der Frage nach Wahrheit wollen wir uns auch mit der Darstellungsform beschäftigen. Welche Medien sind für die Wissensproduktion relevant? Leben wir noch in der Gutenberg-Galaxis oder schon in der Turing-Galaxis?

Im Projektmodul wollen wir eine Diskursanalyse anhand eines konkreten Civic-Tech-Projektes durchführen. Wir beleuchten die Akteur*innen und Machtstrukturen ebenso wie die rechtlichen und technischen Rahmenvoraussetzungen. Schließlich legen wir die Ideologie frei und betrachten, wie das Thema kommuniziert wird und werden kann. Im Laufe des Kurses werden wir eine Exkursion durchführen, voraussichtlich nach Berlin oder Bremen, das legen wir gemeinsam fest. Am Ende werden die Erkenntnisse in einer Posterausstellung präsentiert.

Kompetenz: Die Studierenden kennen die historischen Grundlagen der Medientechnik. Sie kennen die technologischen, sozialen und epistemologischen Entwicklungen der Wissenschaften und welchen Einfluss die Medien, insbesondere die so genannten Neuen Medien dabei spielen. Die Studierenden erwerben die Kompetenz zur inhaltlich präzisen und argumentativ geschärften wissenschaftlichen Diskussion und Präsentation. Die Studierenden wenden eine Diskursanalysetechnik an und lernen, ihr erworbenes Wissen in den gesellschaftlichen Kontext einzuordnen.